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Die ersten Meter auf der Panamericana

 

Wir organisieren uns langsam

 

Von unserer Casa Wolfgang kurz vor San José aus haben wir uns in den vergangenen Tagen erst einmal vorsichtig orientiert und uns langsam an das warme Klima gewöhnt. Morgens, wenn es noch nicht so warm ist, laden die flachen Straßen der Community zum Laufen ein. Jeder begrüßt uns, wenn wir vorbeilaufen mit einem kurzen „Buenas“ oder „Hola“, keiner wirkt gestresst. Neben Costa-Ricanern (auch "Ticos" genannt) leben hier auch viele Expaths, Einwanderer. Überall wachsen Palmen und anderes üppiges Grünzeug sprießt aus den Gärten über die Zäune heraus. Hier und dort sieht man schon ein paar exotische Vögel, in den Grünflächen gerne mal auch Blattschneideameisen.

Wir haben uns mittlerweile mit Bargeld versorgt und uns costa-ricanische Handykarten besorgt. Die Handykarten vom angeblich besten Anbieter „Kölbi“ sollten uns aber noch einige Nerven kosten. Gekauft und ins Handy gesteckt waren diese schnell, aber wie aktiviert man die Dinger bloß? Plug & Play scheint es im Spanischen Vokabular nicht zu geben und so versuchten wir es nach umfassender Internetrecherche mit einigen Kurzwahlbefehlen – leider auch erfolglos.

Wir fanden schließlich heraus, dass man sich zuerst, ganz unabhängig vom gewählten Netzanbieter, bei der staatlichen Registrierungsstelle „Sutel“ mit Anschrift und Reisepassnummer eintragen muss. Auch eine Kopie des Reisepass muss man hochladen und dann auf deren Freigabe warten. Zum Glück ging dies alles online von statten und wir konnten uns Step-by-Step jedes Wort aus dem Spanischen übersetzen. Todavia no hablamos mucho espanol …

Eine Einkaufsmall, völlig ausgestorben  - außer dem Handyladen gab es hier fast nichts.
Eine Einkaufsmall, völlig ausgestorben - außer dem Handyladen gab es hier fast nichts.

Danach ging aber immer noch nichts – tote Hose im Handy, keinen Empfang.


Also ging es wieder in die Stadt. Unser Opfer hieß Miguel und arbeitete in einem kleinen Handyzubehör-Geschäft in einer fast ausgestorbenen Mall. Wir waren die einzigen Gäste weit und breit. Däumchen drehend scheint er nur auf uns gewartet zu haben und nahm sich hilfsbereit unserem Problem an. Wie wir nun herausfanden war nun noch ein Anruf beim Netzanbieter Kölbi selbst nötig, damit unsere Karten abschließend freigeschaltet werden. Das hätten wir selbst nie hinbekommen, denn dort wird, selbstverständlich, nur spanisch gesprochen. Miguel war für uns eine ganze halbe Stunde am Telefon, bis schließlich beide Handynummern funktionierten. Wir wollten ihm gern etwas dafür geben und boten ihm ein paar Colones an. Er schlug das Angebot aber aus und bat uns stattdessen um ein paar Münzen in unserer Landeswährung Euro, der Wert sei ihm völlig egal, Hauptsache ausländisches Geld.  Es stellte sich heraus, dass Miguel Währungen sammelt und kurz darauf präsentierte er uns stolz seine Sammlung aus US-Dollar, Pesos, Schweizer Franken und Pfund. Euros fehlten ihm tatsächlich noch.
Für 30 Minuten Arbeit hat Miguel am Ende etwa 2,50 Euro bekommen, vermutlich hätte er sich auch nur über ein paar Cent akzeptiert. Toll, diese Hilfsbereitschaft!
 
Im Anschluss mussten wir nun unsere Handykarten nur noch mit Guthaben aufladen, dies geht eigentlich an jedem Straßenkiosk oder auch in Apotheken. Jetzt läuft alles.

Nun sind wir also startklar und voll ausgestattet, damit unser Costa Rica Abenteuer starten kann.

 

Es geht los

Die beste Reisezeit für Costa Rica liegt grob zwischen Dezember und April, dann herrscht nämlich Trockenzeit und wir zeitlich perfekt mittendrin! Trockenzeit heißt aber nicht unbedingt, dass es nicht regnet – sondern das es etwas weniger regnet. Ähnlich wie in Asien regnet es meist am Nachmittag und dann kurz und heftig. Nach wenigen Minuten scheint oft schon wieder die Sonne. Eine leichte Regenbekleidung sollte also auf jeden Fall im Reisegepäck dabei sein.

Nachdem wir uns die Niederschlagswerte für die verschiedenen Regionen angesehen haben, entschieden wir uns zunächst eine Route durch das kühlere und hochgelegene Landesinnere nach Süden zu nehmen und dann kurz vor Panama an die Pazifikküste abzubiegen. Die Karibikküste und den Norden Costa Ricas wollen wir später bereisen.

Highlight Costa Ricas sind zweifelsohne die Natur mit ihrer einzigartigen Artenvielfalt und die vielen Nationalparks. Da einige unserer ausgespähten Ziele durchaus etwas abgelegen und schwer zu erreichen sind, reservierten wir uns über das Internet für die ersten 4 Wochen ein kleines Offroadfahrzeug. Das kleinste 4x4 was möglich ist, um genau zu sein, einen Suzuki Jimny.

Unsere 7 Sachen waren schnell gepackt, wir verabschiedeten uns von Wolfgang und machten uns auf den Weg zur Mietwagenfirma in Flughafennähe. Dort angekommen hieß es Maske an und wieder anstehen. Unser amerikanischer Anbieter ist logischerweise auch Anlaufstelle Nummer eins bei vielen US-Amerikanern und diese bereisen zur Zeit sehr gerne Costa Rica, da es für sie aufgrund von diversen Einreisebeschränkungen anderer Länder nicht viele Alternativen gibt. Kurz vor uns musste außerdem grad ein Flugzeug angekommen sein, und so hieß es erst einmal eine Dreiviertelstunde warten, bis wir an der Reihe sind.  

Unsere reservierte Fahrzeugklasse war nun aber nicht mehr verfügbar. Gut so -  so bekamen wir ein kostenloses Upgrade in eine bessere Fahrzeugklasse. Nach weiteren 30 Minuten Wartezeit konnten wir schließlich mit einem Suzuki Gran Vitara vom Hof fahren. Der Gran Vitara ist deutlich größer und komfortabler als der Jimny und wenn man den Preis berücksichtigt, den wir für 4 Wochen Automiete zahlen, nun ein richtiges Super-Schnäppchen! :) Perfekt!
Einziges Manko wäre vielleicht die Bereifung, einfache Straßenreifen sind aufgezogen und ein paar anständige All-Terrain Reifen würden dem Fahrzeug sicherlich besser stehen, aber der Gran Vitara ist ansonsten ein vollwertiges 4x4 mit etwas höherem Radstand, Allradantrieb, einer Vorder-Hinterachsensperre und im 4L-Lock Modus auch mit erhöhtem Drehmomentantrieb. Er ist also durchaus für extremes Gelände und Flußdurchquerungen geeignet.

Nach einem kurzen Einkaufsstopp, bei dem wir uns mit dem Nötigsten bevorratet haben, ging es los auf unserem Roadtrip durch Costa Rica.

 

Die ersten Meter auf der Panamericana

Autofahren in Costa Rica kann ein nervenaufreibendes Geduldspiel sein. Rechnet lieber nicht damit, dass die anderen Autofahrer blinken werden bevor sie abbiegen, dass Bremslichter immer funktionieren oder das man stets nur von links überholt wird. Vergesst das alles! Jeder scheint hier zu machen was er grad will und so hektisch wie er eben möchte. Die Anderen werden schon Rücksicht nehmen. So lassen wir es lieber auch vorsichtig und eher passiv angehen und lassen die Anderen einfach mal machen. Womit man aber immer rechnen muss sind haltende Fahrzeuge, auch direkt hinter Kurven oder an engen Passagen. Auch Schlaglöcher gibt es auf costa-ricanischen Straßen an jeder Ecke, selbst auf frisch geteerten Straßen!
Wir werden uns sicherlich noch dran gewöhnen. Zumindest wird wie bei uns zuhause auf der rechten Straßenseite gefahren :)
 
Nach wenigen Kilometern sind wir der Hektik der Großstadt bereits entkommen und es wird deutlich ruhiger um uns herum. Den Hochhäusern und engbebauten Vororten weichen grüne Hügel und hier und dort lassen sich auch die ersten dicht bewachsenen Wälder erkennen. Bereits hinter der Stadtgrenze geht es merkbar bergauf - jetzt sind wir auf der wohl berühmtesten Straße Mittelamerikas – der Panamericana. Jasmina & Markus: Sorry, da waren wir schneller als ihr :)

Bei Cartago sind wir mit dem Auto schon auf 1.500 Höhenmetern geklettert, also bereits 500m höher als San José. Die Luft wird nun etwas kühler, aber es ist immer noch angenehm und sommerlich warm.
Die heutige Strecke wird etwas nur 60 Kilometer betragen, wir haben noch reichlich Zeit und so lassen wir uns seelenruhig vom mittlerweile eher spärlichen Verkehr tragen.

 

In Costa Rica gibt es (fast) keine Straßennamen

Unsere erste Etappe endet heute in Palmital, einem kleinen Bergdorf auf über 1.700 Höhenmetern.

Wir müssen feststellen, dass es in Costa Rica nur in den seltensten Fällen Straßennamen und noch seltener Hausnummern gibt. So gestaltet sich die Suche nach unserer reservierten Unterkunft etwas schwierig. Der uns mitgeteilte Punkt auf der Karte ist jedenfalls ein Schulgebäude – wird wohl nicht stimmen. Alles was wir wirklich haben, ist der Vorname unserer Gastgeberin.

Kurzerhand fragen wir uns also mit immer noch sehr gebrochenem Spanisch durch und stehen ein paar Minuten später vor der Haustür der Mutter unserer Gastgeberin, das Dorf ist halt klein, man kennt sich :)

Wir werden sehr herzlich begrüßt und zu unserer Hütte gebracht, an der wir vorher bereits drei Mal vorbeigefahren sind. Sie liegt aber auch sehr versteckt am Hang und ist von der Straße überhaupt nicht zu erkennen. Umso besser -  wir mögen es ruhig.

Die Hütte ist „rustikal“, überall zwischen den Holzdielen gibt es Lücken und Spalten wo allerlei Getier hereinschlüpfen könnte. Der Boden knarzt wenn man darauf herumläuft.
Ein Blick aus den großzügigen Fenstern verrät: Wir sind hier mitten im Wald. Die Hütte steht am abschüssigen Hang und der Blick geht direkt in die Baumkronen. Genau wie auf den Bildern, perfekt!
Früher war dies übrigens mal ein Restaurant. Das Schlafzimmer ist im ehemaligen Speisesaal. Das Badezimmer ist deshalb auch vom Wohnbereich deutlich getrennt und man muss über eine kleine überdachte Brücke zum anderen Teil des Hauses gehen. Dies diente auch gleichzeitig als Durchgang um vom höhergelegenen Dorf aus zu den daruntergelegenen Wanderwegen zu kommen. Mitten durch unser Haus durch also : ) Solange wir hier wohnen, werden wir aber keine ungebeten Gäste befürchten müssen.

 

Die erste Nacht

 

Die erste Nacht hält was wir erwartet haben. Allerlei Insekten und andere Waldbewohner summen, krächzen und fiepsen uns in den Schlaf. Dazwischen immer wieder Geheule von Kojoten aus der Ferne. Wirklich sehr urig hier! Es gleicht einem Baumhaus und wir können ausgesprochen gut schlafen und wachen am nächsten Morgen erholt auf.

Aron geht morgens eine Runde laufen. Eine schlechte Idee mit Jetlag auf knapp 1.700m. Links vom Haus geht es steil bergab, rechts steil bergauf. Nach 3 oder 4km kommt er völlig kaputt zurück – reicht für heute. Er ist ohnehin mehr gegangen als gelaufen.

Nach dem Frühstück erkunden wir erst einmal die Gegend und unternehmen einen langen Spaziergang. Es ist bedeckt, aber warm. Das Bergdorf ist übersichtlich, vielleicht 100 Einwohner. Keine Geschäfte, keine Restaurants, dafür gleich 2 Kirchen und einen Covid-bedingt geschlossenen Sportplatz. Man wird von jedem freundlich begrüßt, wir sind wohl seit längerem die ersten Touristen im Dorf.

Wir machen eine Runde ums Dorf herum und kommen so zum ersten Mal so richtig in den Genuss dieser wahnsinnig üppigen Natur Costa Ricas. Hier ist einfach alles Grün. Überall wachsen unbekannte Pflanzen und Blumen und am Wegesrand raschelt ständig irgendeine Echse durch das Gras. Die hügelige Landschaft beschert unglaublich schöne Ausblicke in die Täler. Am Nachmittag klart auch der Himmel endlich kurz auf und wir kommen kräftig ins Schwitzen. Nur ein paar Minuten später ist alles wieder wolkenverhangen und in dichten Nebel gehüllt.

Nach diesem ersten Tag in Costa Ricas Natur, können wir den Abend mit einem traumhaften Sonnenuntergang ausklingen lassen.


In der nächsten Nacht teilen wir unser Zimmer mit einer Eidechse, verschiedenen Faltern und einem dicken Käfer. Besser wir gewöhnen uns dran :)

 

 

 

Fortsetzung folgt...

 

 

 

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Clara (Mittwoch, 03 März 2021 07:23)

    Herzlichen Dank für den außergewöhnlichen hochinteressanten Reisebericht. Ihr weckt bei mir das Fernweh!
    In Costa Rica soll es 500.000 Tierarten geben - 10 mal mehr als in Deutschland