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Unwetter im Anmarsch - Hurricane Fred

Arons Geburtstag steht an. Für die Nacht wird ein Meteoritenschauer vorhergesagt und so suchen wir uns eine Übernachtungsmöglichkeit fernab der Städte, um mitten im Wald möglichst wenig Lichtverschmutzung und somit guten Blick auf den Sternenhimmel zu haben.  Wir finden ein kleines Camp auf der Karte, was schön abgelegen im Wald liegt. Es liegt mitten im „Chattahoochee-Oconee Nationalforest“.

Die Nacht kann kommen.

Mit 2 Campingstühlen im Dunkeln, den Kopf im Nacken und gen Himmel gerichtet, feiern wir mit einer Flasche braunen Rum in Arons Geburtstag hinein. Um uns herum nur Natur - weit und breit keine anderen Menschen.
Wir werden später von gleich mehreren Sternenschnuppen belohnt.

 

 

Covered Bridges

 

Mittlerweile sind wir im südlichen Georgia und unserem Ziel Florida ziemlich nahe gekommen. Wir liegen noch sehr gut in der Zeit bis wir den Van seiner eigentlichen Besitzerin in Tampa übergeben sollen.
 
Das bedeutet für uns, dass wir nun nicht mehr so viel Strecke auf einmal machen müssen und wir uns wieder etwas mehr treiben lassen können. Entsprechend gleicht unsere Route langsam mehr und mehr einem Zickzackkurs quer durch den Südosten der USA.

Immer noch in Georgia gibt es allerhand Historisches zu entdecken.


Hier findet man zum Beispiel auch diese typisch-amerikanischen, überdachten Holzbrücken. Mehr oder weniger stabil, darf man teils sogar noch mit dem Auto darüber fahren. Es gibt aber natürlich gewichts- und bauartbedingte Höhenbeschränkungen. Der Van passt allerdings grad noch so : )

 

 

Georgia State Lunatic, Idiot and Epileptic Asylum - Welcome to Milledgeville -

 

Wir legen einen Zwischenstopp in der Stadt Milledgeville ein. Hier steht ein Gebäudekomplex von 1837, ein Krankenhauses für psychische Erkrankungen, welches heute ein ganzes Stadtviertel ausmacht. Die Anstalt wurde damals unter der Bezeichnung „Georgia State Lunatic, Idiot, and Epileptic Asylum“ gegründet.

Die Gebäude wurden bis knapp 1940 stetig erweitert und der Komplex wuchs bis in die 1960er Jahre zur damals weltgrößten Nervenheilanstalt. In Spitzenzeiten konnten bis zu 12.000 Patienten beherbergt werden.

Im Jahre 2010 gab der Staat Georgia bekannt die Anstalt schließen zu wollen, aber bis heute dienen noch immer einige wenige Gebäude der Versorgung von Patienten. Der allergrößte Teil der Anlagen steht allerdings leer und verfällt zusehends.

Leider sind viele der Gebäude und Hallen über die Zeit auch dem Vandalismus zum Opfer gefallen, sodass man nicht mehr an die Bauten heran gehen kann und sie nur von der Straße aus ansehen darf. Tritt man zu nahe heran, kommt sofort eine aufmerksame Securitystreife vorbei und weist einen zurecht.


Eigentlich schade. Wir wären gerne näher getreten und hätten mehr gesehen, aber es ist halt nicht erlaubt. Es ist einfach schon zu viel in der Vergangenheit passiert.


Dennoch konnten wir ein paar schöne Eindrücke von den Gebäuden bekommen und gemütlich über den großen Komplex schlendern.

 

 

Ein altes Jagdcamp

 

Die Zeit etwas vergessen, machen wir uns am Nachmittag auf die Suche nach einem Platz für die Nacht. Etwa 50 km weiter westlich von Milledgeville folgen wir einem Sandweg tief in den Wald.

Der Weg führt uns über eine immer schmaler werdende Fahrspur, die zwar befestigt, aber teils stark von hohem Gras überwachsen ist. Der Van liegt schön hoch und so schlägt er sich tapfer. Ein wilder Truthahn kreuzt unseren Weg.

Nach einigen Kilometern stoßen wir, mittlerweile mitten im tiefsten Wald, auf ein saisonbedingt verlassenes Jagdcamp. Genau wie die Zufahrt ist es stark von Gras überwuchert und so inspizieren wir den Platz erstmal zu Fuß. Aber alles gut, der Van packt das locker.
Wir haben das gesamte  Camp für uns allein und können den Van gut versteckt zwischen den dichtbewachsenen Büschen abstellen. Stealth-Camping wie es im Buche steht, Perfekt!

 

 

Warwick / Georgia - Hurricane Fred kommt näher

 

In den nächsten Tagen wird das Wetter immer schlechter. Es regnet und stürmt immer mehr. Es wird zunehmend schwüler und die Wolken verdichten sich am fernen Horizont zu einer riesigen, schwarzen Masse: die Ausläufer von Hurrikan Fred sind da.

Wir stehen nun bei Warwick/Georgia auf einem günstigen Campingplatz  außerhalb der Stadt, direkt am See und in unmittelbarer Nähe des Wasserkraftwerks, als die ersten heftigen Ausläufer des Sturms uns schließlich einholen.

Hier ist alles voller alter Bäume, eigentlich wunderschön, aber deren Äste leiden bereits unter leichten Windböen und nun mit dem herannahenden Sturm, knarzt und quietscht es bedrohlich in den Baumkronen.

Wir müssen schnell handeln und parken den Van kurzerhand auf einen nach oben hin freien Platz um, der sich nicht direkt unter den Bäumen befindet.
In den nächsten Minuten bricht nun sprichwörtlich die Hölle über uns zusammen.

Die plötzlichen Windböen zerren so dermaßen an den Bäumen, sodass große Äste laut krachend hinunter fallen und genau dort landen, wo vor wenigen Minuten noch der Van stand. Das hätte ganz schöne Schäden am Van anrichten können. Gleichzeitig regnet es in Strömen, sodass man die Hand vor Augen nicht mehr sehen kann und der Rasenplatz nach nur kurzer Zeit bereits einige Zentimeter überflutet ist.
Die großen Plastik-Mülleimer des Campingplatzes fliegen quer über das Gelände und der Regen wird immer stärker.

Wir sitzen derweil hinten im Van auf unserem kleinen Bett und versuchen die Situation auszuharren. Man versteht kein Wort mehr, so laut rauscht der Starkregen auf das Metall. Zwischendurch Donner und Blitz, sehr nahe! In unmittelbarer Nähe lösen die Alarmsirenen der Hochwassermeldung vom Stausee aus und machen das Endzeit-Szenario perfekt.

Über die Heckklappen des Van kommt Wasser ins Innere. Erst tropft es, dann läuft es. Die Matratze wird nass – der schlimmste Alptraum des Vanlifes.  

Wir haben Glück und nach nur wenigen Minuten, die gefühlt Stunden sind, zieht der Sturm weiter. Die Alarmsirenen verstummen. Der Wasserstand des Stausee ist gestiegen, aber nicht so sehr, dass wir den Platz verlassen müssten. Der Campingplatz gleicht einem Teich, überall steht das Wasser und große Äste liegen herum.

So schnell wie der Sturm gekommen ist, so schnell ist er auch wieder vorbei. Tatsächlich kommt die Sonne nun auch wieder raus, so dass wir eine Chance bekommen die Matratze zu trocknen.
Später stellen wir fest, dass die Fensterdichtungen am Heck komplett undicht sind - Hier ist wohl das meiste vom Wasser hindurch gelaufen.

In den nächsten Tagen kommt Hurrikan Fred immer näher und die Ausläufer werden spürbar schlimmer. Das macht uns natürlich einen Strich durch die Rechnung und beeinflusst unsere Route ein wenig, sodass wir uns nun entscheiden lieber eine Nacht im Motel zu verbringen, als die Nacht irgendwo im Freien dem Wetter recht schutzlos ausgeliefert.

Wir schlafen seit knapp 2 Monaten zum ersten Mal in einem „echten“ Bett : )

Yeaaaah, ein echtes Bett! :)
Yeaaaah, ein echtes Bett! :)

 

 

 

 

 

Fortsetzung folgt...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Uwe Tobian (Samstag, 11 Juni 2022 17:18)

    Einmalig und spannend. Habe viel Spaß beim lesen.